Ich schau mich um und sehe: Es bröckelt! Allüberall. In den Tapeten sind große Löcher und Mauersteine haben ihren Weg aus den Wänden gefunden, liegen zerschlagen am Fuße der Basis. Der Zahn der Zeit nagt am Leben an sich, Faltenbildung und blinde Flecken haben schon längst ihre Schatten vorausgeworfen. Da ist es hoch an Zeit, etwas zu tun. Wie gehen wir also vor?

 

Gründlich wird der Schaden in Augenschein genommen, die Baustelle wird vermessen und alter Müll zur Seite gebracht. Eine Skizze wird angefertigt. Sozusagen ein Vorentwurf. Dieser wird von links und rechts beleuchtet, in starkes Licht gestellt, damit unscharfe Konturen sichtbar werden. Kein Mangel soll verborgen bleiben. Am besten, der Plan wird an eine freie Wand gehängt und beäugt. Nein, nicht liebevoll, sondern kritisch. Mit einem dicken Stift markieren wir, was uns auffällt.

 

Und es werden Gedanken sich einstellen, dieser oder ähnlicher Art: was ist von mir selbst, was eingeredet? Ist diese Linie nicht ganz gerade? Wer weicht vom Wege ab? Ach, schau mal, da sind schon Schubladen vorgesehen, in denen Dinge verschwinden und nicht wieder auftauchen. Dinge, von denen man bisher geglaubt hat, sie seien wichtig. Und der große Teppich ist vorgeplant, unter den alles gekehrt werden kann, was nicht opportun ist. Außer dem echten Dreck, versteht sich. Für den lassen wir anrollen und abfahren – kostenpflichtig. Von dir und mir bezahlt. Ja, wenn wir ihn selbst verursacht hätten..... aber nein, es waren immer die anderen, die für den großen Müll gesorgt haben. Später werden Asse aus dem Ärmel gezogen, betrügerisch versteckt und versumpft, die nicht den Wert wert sind, mit denen sie gekennzeichnet wurden.

 

Schwamm drüber, wir sind ja heute zusammen gekommen, um die Situation zu verbessern. Gehen wir doch als erstes mal diese dicke Wand an, die mit Holz zugepflastert ist, dass es keinem noch so dicken Bohrer gelingt, sich Zugang zur anderen Seite zu schaffen.

 

Schweißtreibende Aktionen erfordern gelegentliche Pausen. Da kleckst es von der Kelle und ist doch nur ein Tröpfchen Honig auf altem Blechteller. Und der Boden davon ist so tief, dass der Tellerrand nicht überschaut werden kann.

Immerhin ist der Honig, den uns wohlmeinende Leute eingetropft haben, süß und will geschleckt sein. Wenn sie es schaffen, dass wir uns damit lange aufhalten, geht die Zeit perdu und die Renovierung, die notwendige, kommt nie zustande.

Also Schluss mit lustig und angepackt. Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, bei der Farbe. Wie soll denn die Wand, die wir hinter unseren Stirnen endlich eingerissen haben, beschaffen sein? Ein Graugrün oder Blau in abgetönten Schattierungen? Oder – was ja im Trend der Zeit liegt – Marke Wespe? Gestreift? Gepunktet? Mit konservativen Mustern in Längsformation? Oder bevorzugen wir dieses Mal endlich, endlich etwas Überraschendes, was noch nie (oder fast noch nie) dagewesenes?

Überwiegend rot, gleich mit der Komplementärfarbe dazu? Trauen wir uns das oder nehmen wir wieder die alte Tünche, die so vermanscht ist, dass kein Mensch mehr den Grundton zu erkennen vermag?


Dann sollten wir lieber die Finger vom Ganzen lassen und - anstelle Farben mit teurer Rechnung zu bezahlen - die Pläne mit dem weiter oben angeführten dicken Stift durchkreuzen.

1. September 2009