Ja, ja, die Sprache.....

oder: Was ist eigentlich ein Fachverkäufer?


Unterwegs ereignen sich die wirklich wahren Geschichten und mit ihnen bringe ich Anekdoten heim, um sie in meine Streiflichter einzupflegen.

Allen bekannt ist der alljährliche Einkaufsstress, von dem ich mich dem Grunde nach gar nicht so beeinflussen lasse, aber neulich kamen an einem Tage viele Dinge zusammen und ich hatte einiges zu erledigen. Da bleibt unterwegs nicht viel Zeit für einen Schwatz, auch wenn es noch so viel Freude bereitet. Vor allem, wenn sich etwas zum Lachen daraus ergibt.


Ich schiebe also mit meinem schon vollbepackten Einkaufswagen durch einen der meistbietenden Supermärkte, wohl sortiert vom untersten bis zum obersten Regal. Ich war leicht konfus – zugegeben – weil ich einen bestimmten ersehnten Artikel meiner Begierde nicht fand und auch auf Nachfrage wurde ich negativ beschieden (die Standard-Antwort ist: „Haben wir noch nie gehabt“ und ich kann es ihnen nicht widerlegen).

Nun, auf dem Weg zur unvermeidlichen Kasse passierte ich die Weinabteilung. In der Regel kaufe ich hier keinen Wein, weil ich den sicher in gleicher Qualität anderswo preiswerter bekomme – meine Erfahrung. Hier schlagen sie mit Sicherheit noch zwei Euro drauf und der vergorene Rebensaft rinnt über die Zunge, ohne auch nur ein Quäntchen1anders zu schmecken.

Aber diese Abteilung brachte mich in meinen Gedanken an unser Winterfest auf die Idee, just nach einem Winterlikör zu forschen, den ich vor rd. 10 Jahren – erinnerlich – schon einmal hier gekauft hatte. Den korrekten Namen hatte ich vergessen, doch es war eine Menge Zimt enthalten und er schmeckte köstlich. Eine grüne eckige Flasche aus gefrostetem Glas mit einem Sternendekor; was fürs Auge und für die Zunge.

Zwischen den Regalen wuselten einige Verkaufskräfte und waren dabei, schon Wegverkauftes wieder aufzufüllen – so schien mir. Ganz nebenbei hielten sie ein/zwei Schwätzchen über dies und das und ich stand eine Weile, weil ich höflich sein und nicht das Gespräch unterbrechen wollte. Als sie aber keinerlei Notiz von mir nahmen und das Gespräch, an welchem meine Ohren nun durchaus vollständig beteiligt waren, nicht zu den für die gerade diese Arbeit wichtigen befand, machte ich mich bemerkbar: „Entschuldigen Sie, wenn ich Sie störe, aber ich habe mal eine Frage.“

Während einer der Verkäufer sich sofort und ohne seinen Satz zu beenden, entfernte, blieb der andere stehen, drehte sich zu mir um und fragte mit ausgesuchter Langeweile: „Jaaa?“

Also, ich habe ...“ und dann schilderte ich ihm meine Erinnerung an diesen besagten Likör, der im Namen was mit Winter zu tun hatte; ich beschrieb die Flasche in den Einzelheiten.

Kenn ich nicht. Hatten wir nie.“

Ich glaube, damals haben Sie hier noch nicht gearbeitet.“

Er: „Ich bin schon 5 Jahre in diesem Laden.“

Na gut.

Ich habe diesen Winterlikör vor ca. 10 Jahren hier gekauft. Lange her, ich weiß. Kann ja sein, dass Sie etwas Ähnliches vorrätig haben?“

Nein, haben wir nicht. Wir haben hier nur einen Vanille-Likör mit Zimtaroma.“

Er wies auf eine Flasche, die weder grün, noch eckig, noch mit Sternen verziert war.

Nein, also die war es nicht.“

Ich erklärte ihm nochmal das Aussehen in allen Details, ich kann manchmal hartnäckig sein und für manchen Verkäufer auch nervig. Ich weiß. Würde ich hier ein Comic schreiben, hätte ich den Satz mit „Seufzer“beendet.

Wir haben nur den Vanillie-Likör mit Zimt.“

Aber nun wurde ich pedantisch.

Vanille und Zimt heben sich im Geschmack eher auf“, sagte ich, „beim Kuchenbacken verwendet man sie zumindest aus Geschmacksgründen eher nicht gemeinsam.“

Er schaute mich an und fühlte sich in seiner Fachverkäufer-Ehre gekränkt, wenn er denn einer war.

Ja, beim Kuchenbacken macht man das so, aber nicht beim Herstellen von Likör.“

Aha?

Denn..“ und nun holte er aber aus „...beim Herstellen von Likör benutzt man Substanzen, echte Substanzen … und Exzensen.“

Nein, das ist kein Schreibfehler. Er hat das wirklich gesagt: Exzensen.

Sie meinen: Essenzen?“ fragte ich in der schwachen Hoffnung, ihn auf die richtige Spur zu bringen (oder meinte er gar Exzesse?)

Wenn ich Exzensen sagte, meine ich die auch.“

Ich ließ ihn erfahren, dass ich Liköre, die mit „Exzensen“ hergestellt werden, in der Regel nicht trinke, bedankte mich für seine umfassende Beratung und wünschte ihm noch einen schönen Tag.

Beim Stöbern später im Netz fand ich tatsächlich den Ausdruck „Exzensen“ in einem Forum, welches von Österreichern betrieben wird (also einmal fand ich das Wort).

He made my day!


Nachsatz:

Diese kleine Geschichte erinnert mich daran, dass ich vor vielen Jahren mal an einer Fortbildung zur „Fußpflegerin“ teilnehmen wollte und die Kursleiterin zu Beginn erklärte, dass wir auch etwas über „Fußreflexions-Massage“ lernen sollen. Ich habe den Kurs anderswo absolviert.


1Wird neuerdings auch mit „ä“ geschrieben, obwohl das Wort aus dem 17. Jh stammt.....