Eine kleine Metapher

Sie waren zu Viert. Eine hatte es sich auf dem großen weichen Kissen in der Ecke der Bank gemütlich gemacht. Eine zweite räkelte sich lasziv auf dem Sonnenfleck vor dem großen Fenster, während ihre dritte Mitbewohnerin sich einer ausgiebigen Morgenwäsche hingab.
Der vierte aber, der Älteste von allen, lag - Schlaf vortäuschend - im Sessel und betrachtete aus schmalen Augen, die er dann und wann kurz schloss, die Szenerie.
Sie waren nicht besonders groß, aber das konnten sie schnell wettmachen, wenn sie mit eleganten geschmeidigen Sprüngen die Wohnung durchmaßen, um sie zu erobern. Wen sie mochten, der spürte es durch die enge Berührung ihrer Körper, wenn sie ihren Duft an ihm abstreiften und dazu diesen kehligen Laut von sich gaben, der - je nach Tonlage - Auskunft über die Stimmung geben konnte.

Die letzte Nacht hatten sie Freien verbracht. Es war die erste wärmere nach einer langen Winterpause, und sie hatten es genossen. Die Erde war stellenweise schon aufgebrochen und gab grüne Spitzen frei, hier und da auch schon ein paar bunte Kleckse im Gras.
Sie - die Regenten - waren mit leisen Schritten um die Häuser gezogen und hatten das Volk das Fürchten gelehrt; man musste wieder mit ihnen rechnen. Rechnen mit ihrem geschärften wachen Verstand, mit ihrer Geduld, die sie befähigte, stundenlang in nahezu starrer Haltung und ohne irgendwelche Laute von sich zu geben, zwischen den Bäumen zu verharren, lauernd, ungesehen, kaum geahnt.
Sie waren die Spezialisten, anerkannt, respektiert, gefürchtet von den einen, heiß geliebt und bewundert von den anderen.
Die ihnen vor die Füße liefen - ungewollt - , wurden in den Schatten eins mit ihnen. Wenn es auch seine Zeit dauerte und der Park gerade groß genug war, um spielerisch durchmessen zu werden.
Im Morgengrauen waren sie nacheinander ermatten, doch zufrieden heimgekommen und hatten sich wie weiter oben beschrieben die einzelnen Plätze zu eigen gemacht.

Dieser Text war Bestandteil eines Workshop, den ich 1999 im Kulturhaus Eppendorf e.V. leitete wurde und diente als Übung für eine Metapher. Grundlage des Workshops war das Buch von Burghard Damerau "Literatur und andere Wahrheiten", erschienen im Aufbau-Verlag, 1999.

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