Unsere schöne Stadt Hamburg hat alles in allem rund 2500 Brücken. Da mögen einem die 500 Brücken von Hamburgs Partnerstadt St. Petersburg gering erscheinen, doch es gibt ein paar Superlative:
Entlang der Newa kreuzen Brücken unterschiedlichster Größe das Gewässer. Die längste mit einer Breite von 906 m - das ist die Alexander-Newskij-Brücke - und die schmalste Brücke der Stadt, die Bankbrücke, eine schöne Fußgängerbrücke über den Gribojedow-Kanal. Sie ist nur 1,85 Meter breit.Dann rühmt sich St. Petersburg auch noch mit der breitesten Brücke der Welt; diese „blaue Brücke" ist 97 m breit.

Die Brücken wären aber weiterhin nur Brücken, hätten sie nicht etwas ganz besonders, etwas, was sie in dieser Menge von allen anderen Stadtbrücken unterscheidet. Es ist nämlich so, dass sie in großer Anzahl Klappbrücken sind. Das tun sie des Nachts, wenn die Schiffe die Newa hinauffahren.
Das ist für die Schiffe toll, für Menschen, die in St. Petersburg nur urlauben oder ein paar Tage "auf Besuch" sind, kann das weniger toll sein. Immer dann, wenn sie beschlossen haben, einen kleinen Nachtbummel zu machen - die weißen Nächte eignen sich besonders dafür - und sie sind auf der falschen Seite des Flusses, wenn die Klappbrücke hochgeht, die sie eigentlich für ihren Heimweg benötigen. Da ist es ganz schlau, sich vorher nach den Klappzeiten zu erkundigen oder man muss zwangsweise seinen nächtlichen Spaziergang ein paar Stunden lang ausdehnen. Ist doch auch eine sehr gute Ausrede für das Zuspätkommen, oder?
Man würde in St. Petersburg also nicht sagen: "Ach, tut mir leid. Ich hatte eine Panne." Oder: "Der Bus hatte Verspätung". Nein. Man würde sagen: Oh, tut mir leid, gerade vor mir klappte die Brücke hoch."

So werden die Wasserfahrzeuge mit Salut begrüßt und das auch noch in einer Beleuchtung, die weithin sichtbar ist. Wann immer Stadtfeste gefeiert werden, schmücken sich die Brücken besonders hell, setzen Fackeln in die dazugehörigen Fackelhalter und strahlen in die Nacht. Ein Magnet für viele Touristen, die wohl auch hauptsächlich deshalb nach St. Petersburg kommen. Nein, sie kommen natürlich auch wegen der goldenen Dächer und der weißen Nächte. So kann man wohl sagen, dass die „graue" Stadt am Meer doch eigentlich bunt ist, leuchtend ist und wenn der Zauber einer Nacht, in der die Sonne nicht ganz untergeht, auch noch sommerlich warm ist, kann ich mir vorstellen, dass viele Menschen ganz verzückt sind. Mir sind diese Schauspiele leider nicht in der beschriebenen Weise zuteil geworden, weil mein Aufenthalt in St. Petersburg doch sehr regnerisch war und der helle Sommerhimmel durch die graue Wolkendecke nur zu erahnen gewesen ist. Sommer gab es erst nach meinem Aufenthalt und dann aber satt.

Gleichwohl hat es mir nicht die Stimmung verhagelt, wenn ich durch die Stadt gestreift bin und mich eben an anderen Dingen ergötzen konnte. So tun als ob, war mal wieder die Devise. So tun, als sei es der schönste Sommer und die Menschen hätten die freundlichsten Launen. So tun, als ob es alle Zeit der Welt gäbe und niemand darauf drängt, den Urlaub doch bald zu beenden. So tun, als hätte man kein Heimweh nach der eigenen Heimatstadt, die von weitem immer schöner wurde. Zu tun, als sei man in Petersburg zu Hause. Manchmal kann man nicht so tun, als ob......und wenn die Brücken noch so schön geschmückt sind, Reiterbilder tragen und sich keck dem Himmel öffnen. Nein, manchmal geht es trotz allem nicht.